Conrad Geißler

(1825 - 1897)

Der Eilenburger Orgelbaumeister Conrad Geißler (1825 - 1897) war ein wirklicher Meister seines Faches. Fachleute vermuten in ihm sogar einen Schüler der Silbermann-Werkstatt. Geißler baute vor allem in Sachsen und Sachsen-Anhalt über 100 Orgeln. Er kombinierte solide und robuste Bauart mit vorzüglicher handwerklicher Arbeit. So können seine Orgeln auch noch im 21. Jahrhundert gespielt werden. Seine größte Orgel baute Conrad Geißler für die Stadtkirche Torgau. Auch in seiner Heimatstadt selbst hat Geißler Spuren hinterlassen. So war er als Gehilfe beim Neubau der Orgel in der Nikolaikirche dabei. 1883 baute er diese völlig um. Doch während diese Orgel im April 1945 zerstört wurde, ist die 1864 von ihm gebaute Orgel der Marienkirche noch heute erhalten. Sie wurde bis zum Oktober 2000 durch die evangelische Kirchengemeinde aufwendig restauriert und dann durch den berühmten Organisten Matthias Eisenberg in einem Konzert eingeweiht.

Conrad Geißler wurde am 18. Mai 1825 in Eilenburg als Sohn des Seminardirektors Gottfried Geißler geboren. Nach dem Besuch der Bürgerschule erlernte er bei Ludwig Weineck von 1839 - 1846 den Orgelbau. Zum Ende seiner Lehrjahre war Conrad Geißler bereits beim Neubau der Orgel für die Eilenburger Nikolaikirche dabei.
Nach seiner Lehrzeit ging Geißler auf Wanderschaft.
Von 1846 - 1848 war er bei Mende in Leipzig. Es folgten Stationen in Wien und München.
1851 kam er schließlich zu dem sehr bedeutenden Walcker nach Ludwigsburg. Anschließend war er bei Gustav Schlimbach in Würzburg. Insbesondere Walcker übte Einfluss auf Geißler aus. So lernte Geißler 1855 die von Walcker erstmals 1842 gebaute mechanische Kegellade mit aufschlagenden Kegeln kennen. 1855 baute Geißer selbst die erste mechanische Kegelladenorgel in Mitteldeutschland, die auch schon mit einem Rollschweller ausgestattet war. Vier Kegelladenorgeln von Geißler sind heute nachgewiesen. Bei der in Profen (bei Zeitz) von 1854 dürfte es sich um die wohl älteste erhaltente Kegelladenorgel in Ostdeutschland handeln. Mit ihren 24 Registern ist sie zudem eine der größten älteren Kegelladenorgeln deutschlandweit.
Geißler selbst baute ab 1857 bis zu seinem Lebensende nur noch Schleifladenorgeln.

1863 ließ sich Geißler in der Rinckartstraße als selbstständiger Meister nieder. Heute befindet sich in diesem Räumen übrigens das Stadt-Café. Da sich zuvor bereits der Orgelbaumeister Nicolaus Schrickel (1820 - 1893) in Eilenburg niedergelassen hatte, gab es von Anfang an zwischen beiden eine harte Konkurenz. Conrad Geißler hatte dennoch immer genügend Aufträge, um 12 bis 15 Gesellen in seiner Werkstatt zu beschäftigen. Conrad Geißler, der über ein sehr feines musikalisches Gehör verfügte, übernahm das Intonieren und Stimmen der Pfeifen immer selbst. Das Zinn für die Pfeifen wurde in großen Blöcken gekauft, dann von einem Zinngießer geschmolzen und anschließend in der Zinnwerkstatt zu den Pfeifen verarbeitet. Sein erstes Werk in seiner Heimatstadt war die 22-stimmige Orgel für die Marienkirche auf dem Berge. 1888 baute Geißler bereits sein 100. Instrument.
Über seine persönlichen Verhältnisse ist nur wenig bekannt. Auskunft geben wenige Briefe seiner Tochter Margarete Platen. Fest steht, dass Geißler verheiratet gewesen sein muss. Bekannt ist, dass zwei seiner Kinder zu Hause verstarben, als er 1874 eine Orgel nach Russland lieferte. Conrad Geißler war der letzte in der Reihe der in Eilenburg ansässigen Orgelbauer.

112 Orgeln hat Conrad Geißler nachweislich vor allem in Sachsen und Sachsen-Anhalt gebaut. Experten schätzen noch heute ihre solide Bauweise. Im Gegensatz zu seinem Eilenburger Konkurrenten Nicolaus Schrickel, der keine Neuartigkeiten ausließ, setzt Geißler auf eine robuste dauerhafte Funktionsweise seiner Orgeln. Kleinere Orgeln ähneln sich daher oft, da Geißler immer wieder bewährte Bauschemata wiederholte.
Ein Großteil von Geißlers Instrumenten ist erhalten und befindet sich meist auch in bespielbarem Zustand. Ein Teil der Orgeln wurde allerdings auch während der Kriege zerstört. Dazu gehört leider auch die größte von Geißler geschaffene Orgel. Diese schuf er von 1871 -1873 für die Stadtkirche in Torgau. Sie verfügte über 44 Register auf drei Manualen und Pedal.
Wie seit über 100 Jahren vesehen aber noch heute andere Geißler-Orgeln in der Umgebung ihren Dienst. Dazu gehören die Klein-Orgel in Priester oder die in der Krostitzer Kirche. Letztere besitzt heute noch ihren originalen Kastenbalg von Geißler.
Aufwändig restauriert wurde 1998 die aus dem Jahre 1855 stammende Orgel in der Bad Schmiedeberger Stadtkirche. Mit zwei Manualen und 26 Kling-Stimmen gehört sie zu den größeren.

1864 erbaute Conrad Geißler die Orgel für die Marienkirche. Sie verfügt mit den noch erhaltenen Prospektpfeifen aus Zinn über eine besondere Rarität. Über 100 Jahre war das handwerkliche Können ihres Erbauers hier zu hören. Erst Vandalismus und staatliche Intoleranz zerstörte die Eilenburger Orgel in den 80-er Jahren des 20. Jahrhunderts.
1998 fasste der Gemeindekirchenrat St. Marien den Beschluss zum schrittweisen Wiederaufbau der Geißler-Orgel. Im Frühjahr 1999, und damit genau 1000 Jahre nach der Kirchweihe St. Marien, begann er tatsächlich. Neben Fördermitteln mussten für die rund 300 000 Mark teure Restauration aber auch von der Kirche erhebliche Eigenmittel aufgebracht werden. Die Kirchenmitglieder bewiesen dabei viel Einfallsreichtum. So brachten sie eine Gedenkmünze heraus oder gewannen den ehemaligen Gewandhaus-Organisten Matthias Eisenberg für ein Benefiz-Konzert. Derzeit wird die Orgel von Orgelbaumeister Voigt aus Bad Liebenwerda liebevoll restauriert. Am 20. September entlockte er ihr nach 25 Jahren des Schweigens wieder die ersten Töne. Am 29. Oktober 2000 fand die Orgelweihe innerhalb eines Gottesdienstes statt. Matthias Eisenberg gab am Nachmittag ein Benefizkonzert.

Liedmelodie

Die Melodie von "Wenn die Schwalben heimwärts ziehn" als Midi-File zum Anhören.